Was ist Jitter?

Jitter ist eine Art Vibration - und das, was vibriert, ist der Zeitpunkt eines Ereignisses, welches wir zu einem definierten Zeitpunkt erwarten.

Wer also morgens um sieben auf den Bus wartet, weiß, was Jitter ist: manchmal kommt er drei Minuten vor sieben, manchmal fünf Minuten nach sieben. Der Zeitpunkt des Eintreffens des Busses jittert.

Wer diese Unregelmäßigkeiten des Ankunftzeitpunktes über eine längere Zeitspanne beobachtet, lernt mehr über die Art des Jitters:

Der späteste minus der früheste Ankunftszeitpunkt während einer Zeitspanne ergibt die "peak to peak jitter amplitude".

Hierbei ist die "Jitter-Amplitude" die erwartete Ankunftszeit minus die tatsächliche Ankunftszeit. Die Jitter-Amplitude kann demnach positive (frühe) oder negative (späte) Werte haben.

Man bildet den Mittelwert einer großen Anzahl von Jitter-Amplituden, wenn man wissen will, wann der Bus mit höherer Wahrscheinlichkeit eintreffen wird. Dabei kann man vielleicht erkennen, ob die Verteilung der Ankunftszeiten völlig zufällig ist (random jitter) oder an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (correlated jitter).

Mit korreliertem Jitter hat man es zu tun, wenn man weiß, daß der Bus montags besonders spät kommt, weil z.Bsp. besonders viel Verkehr ist.

So, wer es bis hier verstanden hat, isf fast schon ein Jitter-Experte.


Was ist Clock Jitter?

Die Übertragung digitaler Signale hat eine fundamentale Bedeutung für die digitale Audiotechnik:

    Audio Informationen werden als binär codierte Zahlen von der CD oder einem DAT Band gelesen und dann zu einem DA-Wandler übertragen, welcher das Audiosignal als analoge Wellenform rekonstruiert.

    Ein Referenz Clock-Signal wird zu einem AD-Wandler übertragen, welcher analoge Wellenforman, im Sinne einer digitalen Tonaufnahme in binäre Zahlen wandelt.

Digitale Signale werden immer zusammen mit - oder in Bezug auf ein Takt bzw. Clock Signal übertragen. Einige digitale Übertragungsformate wie S/PDIF(by Tomi Engdahl) oder AES/EBU(crystal an22.pdf) beinhalten Daten und Taktinformationen in einem Signal.

Ein digitales Takt-Signal ist eine Rechteck Wellenform konstanter Frequenz und Amplitude und hat wünschenswert ein 50-prozentiges Tastverhältnis.

Die Übergänge eines Taktsignals (wenn die Rechteckwellenform von oben (hi) nach unten (lo) geht, oder von unten nach oben), beinhalten die zeitliche Information.

Wenn der Abstand von 2 oder 3 aufeinanderfolgenden Übergängen über einen gewissen Zeitraum betrachtet, nicht gleich ist, haben wir ein verjittertes Taktsignal.

Und wenn man ehrlich ist, muß man zugeben, daß ein hundertprozentig jitterfreies Signal nicht existieren kann (es gibt auch keinen Omnibus der immer auf die tausendstel Sekunde pünklich ankommt).

Jetzt gehts los. Was sagen die Profis zu Clock Jitter?

Joe Adler (von Vectron International, einem Hersteller von frequency control Produkten) definiert Clock-Jitter wie folgt:

"Short-term variations of the significant instants of a digital signal from their ideal positions in time" (go to the article)

Adler spricht in seinem Artikel auch über verschiedene Messmethoden und wie man Jitter-Merkmale spezifiziert.


Wie entsteht Jitter?

Präzision ist empfindlich - je präziser, desto leichter zu stören.

Und wie wir später sehen, benötigen wir in der digitalen Audiotechnik ein sehr hohes Maß an zeitlicher Präzision, da unsere Ohren und nachfolgende Verarbeitungssysteme von so ausgezeichneter Qualität zu sein scheinen, daß es eine genaue Messtechnik erfordert, die den hörbaren Klangunterschieden zugrundeliegenden Ursachen zu entdecken.

Digitale Audiotechnik wird von Quarz-Kristallen zeitlich gesteuert.

Mike Story (von dCS Ltd, einem Hersteller von Audio-Produkten) behauptet:

"Crystal based clocks (XCO´s, VCXO´s) generally have the lowest jitter - but they still have some."

and

"There are other sources of jitter inside equipment that may contribute substantially more than the VCXO." (go to the article.pdf)

Diese "anderen Jitter-Quellen" sind hauptsächlich Modulationen der Versorgungsspannung, welche "Variationen in den logic level Schaltzeitpunkte verursachen", oder anders gesagt:

Da, wo eine Versorgungsspannung nicht 100% stabil und sauber ist, kann auch auf dem digitalen Weg nicht zeitlich sauber geschaltet werden.

Mit dieser Feststellung deutet Story auf einen der Hauptaspekte unserer heutigen audiobezogenen Jitterprobleme.


Was passiert in einem CD player?

Wenn Unsauberkeiten der Spannungsversorgung zeitliche Abweichungen der Schaltzeiten in Logikschaltkreisen bewirken, was passiert dann in einem CD, DVD, DSD, Mini-Disc- oder einem DAT Abspielgerät?

Jeder CD Player benötigt mehrere Motoren oder Aktuatoren mit den dazugehörigen Regelstrecken, um eine CD abspielen zu können:

Dazu gehören z.Bsp. der Motor, welcher die CD dreht, der Motor für den Schlitten auf dem die Leseeinheit sitzt, und die Aktuatoren für den Fokus und die radiale Nachführung.

Jeder dieser Motoren / Aktuatoren fügt der Spannungsversorgung des CD-Players ein Störsignal hinzu, welches das zeitlich genaue Schaltverhalten der digitalen Elektronik beeinträchtigt.

Also ist jeder einzelne Motor / Aktuator für einen Anteil des Jitters in dem gelesenen digitalen Audiosignal verantwortlich. Es wird von jedem Motor auch eine andere Sorte Jitter erzeugt (hinsichtlich der Frequenz, Amplitude und Wellenform) welcher die Audio Wiedergabequalität auf unterschiedliche Art und Weise verschlechtert.

Diese Tatsache gibt uns die Antworten auf eine Menge Fragen, mit denen sich Audiophile sowie Toningenieure beschäftigen.

  • Warum führen verschiedene Pucks auf CD Top-Ladern zu unterschiedlichen Hörerlebnissen?
  • Warum bauen manche Hersteller von CD-Laufwerken aufwendige Riemenantriebe?
  • Warum klingt eine CD-R unterschiedlich, obwohl sie eine bitgenaue Kopie der Original CD ist.
  • Warum klingen unterschiedliche CD-Laufwerke unterschiedlich?
  • Warum benutzen manche Hersteller Streulicht in einem CD-Player?
  • Warum scheinen Produkte, welche z.Bsp. eine CD "entmagnetisieren" zu funktionieren?
  • Warum klingen Aufnahmemedien verschiedener Hersteller unterschiedlich?

Die Antwort zu diesen Fragen ist hauptsächlich:

Clock-Jitter, verursacht durch Störsignale auf der Versorgungsspannung.

Darum sind ja auch manche CD-Player oder -Laufwerke extrem kostspielig, denn dort wird der Clock Jitter an der Ursache bekämpft. Solche Geräte haben (hoffentlich) eine extrem saubere und stabile Spannungsversorgung bzw. mehrere davon, präzise Taktschaltungen und aufwendige mechanische Konstruktionen.

Wie wir später sehen werden, können wir ein vergleichbares Ergebnis auch mit wesentlich geringerem finanziellen Aufwand erreichen.

Aber wie kann man sich eigentlich sicher sein, daß diese ganzen Phänomene mit Jitter erklärt werden können? Dieses Thema wird später aufgegriffen in "Wie klingt Jitter?".

Jetzt geht es erstmal weiter mit:


Die Verursacher des Jitter

In seinem Artikel "Jitter: Specifiation and Assessment in digital audio equipment"(go to the article.pdf) differenziert Julian Dunn (von Nanophon, einem Ingenieurbüro, welches auf digitale Audiotechnik spezialisiert ist) zwischen "Interface-jitter" und "Sampling Jitter".

Interface Jitter wird dann weiterhin unterteilt in "Transmitter Jitter" (z.Bsp. der Jitter, welcher von einem CD-Laufwerd / -Player verursacht wird) und "Line-induced Jitter".

Der Letztere kommt zum Tragen, wenn wir einen externen DA-Wandler an den CD-Player anschließen. Diese digitale Übertragung erzeugt zusätzlichen Jitter, ob wir ein Koax-Kabel, eine Toslink oder eine ST-Verbindung wählen.

Interessanterweise erzeugen die Verschiedenen Übertragungsarten unterschiedliche Arten von Jitter (unterschiedlich in Bezug auf Amplitude, Frequenzverteilung und Korrelation).

Dieses Wissen ermöglicht uns die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Warum gibt es Klangunterschiede bei unterschiedlichen Digitalverbindungen, obwohl exakt dieselben Daten übertragen werden?
  • Warum klingen Digitalkabel mit unterschiedlicher Länge verschieden?
  • Wie können gleichlange Koax-Kabel verschiedener Hersteller einen Klangunterschied ergeben?

Durch kabel-induzierten (line-induced) Jitter.


Sampling Jitter

In einer Aufdio Wiedergabekette können wir versuchen, vor der DA Wandlung den Jitter aus dem Nutzsignal herauszufiltern. Dazu später mehr in "Wie wird man den Jitter los?".

Aber was können wir tun, wenn der Jitter schon auf der digitalen Aufnahme enthalten ist.

Leider nichts, außer eine neue jitter-freie Aufnahme machen.

Dies ist eine traurige Geschichte und ich kann diejenigen unter euch verstehen, welche bei ihren Plattenspielern bleiben und Vinyl auflegen, weil die nachträglich veröffentlichte CD-Aufnahme einfach nicht klingt.

Was passiert mit einer digitalen Audioaufnahme in Gegenwart von Clock -Jitter? Man nimmt die richtigen Amplitudenwerte auf, jedoch zum falschen Zeitpunkt. Das ist nachträglich leider nicht korrigierbar.

Transmitter Jitter und Kabel - induzierter Jitter sind Schlüsselworte, welche auch in digitalen Aufnahmeketten ihre Bedeutung haben.

Ein Master-Gerät, welches die Zeitbasis für einen AD Wandler erzeugt, generiert auch eine gewisse Menge Transmitter Jitter. Wird das Taktsignal dann vom Master-Gerät zum AD-Wandler übertragen, kommt noch der Kabel-induzierte Jitter hinzu. Dieses verjitterte Signal stellt nun die zeitliche Referenz dar, mit welcher die einzelnen Sample-Zeitpunkte bestimmt werden. Interne Schaltungen des AD-Wandlers filtern das externe Signal in Bezug auf Jitter, können den Jitter jedoch nicht hundertprozentig unterdrücken.

Daher lautet die Faustregel für den Toningenieur:

Je weniger Jitter an dem Takt-Eingang des AD-Wandlers ankommt, desto besser wird die Aufnahmequalität sein, und umgekehrt.

Bob Katz (von Digital Domain, ein Hersteller von Audio Equipment) stellt fest:

"The A to D Converter is one of the most critical digital audio components susceptible to jitter, particularly converters putting out long word lengths (e.g. 20-bits)."(go to the article)

Es ist oft besser, den internen Quarz-Takt des AD-Wandlers für eine digitale Aufnahme zu benutzen. Dabei kann kein Interface Jitter zwischen einem externen Referenz-Takt und dem Wandler auftreten. Das ist allerdings nur möglich, wenn nur ein Wandler benutzt wird, und nur ein Take erforderlich ist. Sollen später zusätzliche Spuren aufgenommen werden, müssen die AD-Wandler mit den bereits aufgenommenen Spuren synchronisiert werden. Hierzu ist widerum eine externe Taktung erforderlich.

In professionellen Aufnahmestudios dient eine hoch-präzise Referenz-Taktung (normalerweise ein temperaturgeregelter Quarz-Oszillator, OCXO) zur Synchronisation der AD-Wandler. Eine präzise Master-Clock Schaltung erzeugt nur sehr wenig Transmitter-Jitter, aber das Taktsignal muß ja über digitale Übertragungsstrecken verteilt werden, also muß zumindest mit kabel-induziertem Jitter gerechnet werden.

Das war der Jitter Überblick. Ich habe hier versucht die verschiedenen Aspekte in ihrem Kontext darzustellen. Die Artikel der Experten, auf die hier gelinkt wird, enthalten detaillierte Informationen. Für Anregungen oder evt. Korrekturen, bitte eine email schicken.

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Text (c) by Charles Altmann